Hunde

Schlittenhunde machen Urlaub in Finnland (Teil 3)

Die Rückreise - Wiederkehr nicht ausgeschlossen
von

Die Landschaft

Nach der Abreise unserer Gäste hatten wir noch drei Tage bis zu unserer Rückreise. In diesen verbleibenden Tagen war die Temperatur noch einmal gefallen und wir fühlten uns wie in der Mitte von Alaska. Dazu herrlicher Sonnenschein - schade, dass unsere Gäste dies nicht mehr erleben durften. Bei unseren Ausfahrten war nun eine Vollgesichtsmaske zum Schutz gegen Erfrierungen im Gesicht Pflicht. Die Wangen sind am meisten gefährdet. Das Thermometer zeigte mit Windchill minus 38 Grad an. Die Landschaft veränderte sich mit der Kälte noch mehr und wurde immer schöner. Die Sonne leuchtete die schneebedeckten Bäume an und lies den Wald in einer Mischung aus Lebensfeindlichkeit und faszinierender Schönheit erscheinen. Der Schnee glitzert im Licht von Lampen als würden überall Millionen von Diamanten herumliegen. Auch dies kann nicht mit Worten beschrieben werden, sondern muss einfach einmal selbst gesehen und gefühlt werden. Mit der Kälte kamen auch die Tierspuren wieder. So sahen wir in diesen Tagen auf unserem Trail die Spuren von Schneehasen, Elchen und auch von Wölfen, die unseren Weg kreuzten.

Den Hunden machte das Wetter eher Spaß, als dass es sie irgendwie behinderte oder störte. Ihr Atem gefror sofort an der Schnauze und legte sich als Raureif über ihr ganzes Fell. Von den Lefzen hingen Eiszapfen, doch ihre Augen strahlten, sie lächelten und der Laufwille schien immer größer zu werden. Ihre Gene, die sie von den Wölfen haben, machten sich immer mehr bemerkbar, und sie zeigten uns ohne Missverständnisse, dass sie doch nordische Hunde sind. Es war ein Traum, ihren gleichmäßigen Schulterrhythmus und das Spiel ihrer Muskeln an den Hinterläufen zu beobachten während sie mit großer Freude den Schlitten Kilometer um Kilometer mal im schnellen Trab, dann wieder im Galopp mit der Gleichmäßigkeit einer Lokomotive durch diese herrliche Landschaft zogen. Ihr Atem war als stetige Wolke über den Köpfen zu sehen und schlug sich dann auf dem nachfolgenden Hund als weißes Eis nieder. Sie sahen irgendwie grotesk und auch wieder lustig aus.

Der Schlittensack war bretthart gefroren, und die Holzkufen und die Leinen knarrten unter der Kälte. Bei jedem Ein- und Ausspannen mussten erst die Karabiner enteist und lange angehaucht werden, bevor sie sich öffnen ließen. Ohne Handschuhe konnte nichts angefasst werden, wenn man nicht daran kleben bleiben wollte. Die 15m lange Notleine konnte fast am Stück wie ein Stock in Höhe gehoben werden, so hart gefroren war sie und Knoten waren keine mehr möglich. Alles gefror in Minuten oder schneller. Bei jeder Ausfahrt wünschte ich mir, dass sie nie zu Ende gehen soll, wie gesagt - ich könnte hier problemlos leben - auch wenn das wahrscheinlich kaum einer versteht. Meine Frau versteht mich aber und das ist mir viel wichtiger als die Meinungen anderer - jetzt, da sie es selbst erlebt hat, versteht sie mich sogar sehr gut. Aber alles geht einmal zu Ende und vor allem die schönen Dinge gehen irgendwie am schnellsten vorbei.

Unser letzter Lauf - Das Einpacken beginnt

Wir wollten die Zeit in Finnland so lange auskosten wie es ging und ließen uns selbst am letzten Tag die Ausfahrt mit den Hunden nicht nehmen. Noch einmal wollten wir die herrliche Kälte (das Thermometer war noch weiter gefallen), die Landschaft und die selbst nach vielen hunderten Kilometern ungebrochene Lauffreude der Hunde genießen. So machten wir uns noch einmal zu einer größeren Abschiedstour auf und tauchten noch einmal voll in die Faszination Schlittenhundesport im hohen Norden ein. Die Hunde spürten den Abschied von dieser wunderbaren Gegend auch irgendwie und gaben auf der letzten Ausfahrt noch einmal alles. Nach dem stundenlangen Lauf wollten sie auch nicht in ihre Zwinger, so als könnten sie damit die Abreise verzögern oder gar verhindern.

Nun mussten wir als nächstes unsere brettharten Schlitten mit dem ganzen Zubehör erst mal ins Warme schaffen, damit wir sie überhaupt für den Transport zerlegen konnten. Nichts ließ sich öffnen, selbst die Karabiner und Leinen wollten nicht nach Hause. Unsere Schlittensäcke konnten wir am Stück und aufrecht (als wären sie aus Holz) von der Ladefläche der Schlitten heben und in unsere Unterkunft tragen. Selbst unser LKW verweigerte die Zusammenarbeit beim Verladen, keine Hundebox ließ sich öffnen ohne vorher die Verschlüsse mit dem Fön aufzutauen und zu bearbeiten. Die großen Türen hinten, die Eingangstür zum Wohnbereich unseres Autos und die Türen am Fahrerhaus, alles war hartnäckig zugefroren. Die Seitenscheiben wollten auch nicht auftauen, und so bearbeiteten wir sie ebenfalls mit dem Fön. Wir wissen jetzt auch, was wir vergessen hatten, und haben es für das nächste Mal auf unsere Packliste geschrieben: ENTEISUNGSSPRAY. Das hätte uns das lästige Auftauen der Karabiner beim Ein- und Ausspannen vielleicht schon einmal erspart. Obwohl - ob es bei Temperaturen von ca. 40 Grad unter Null noch funktioniert hätte?

Während der Auftauzeit saßen wir zusammen, sprachen über den letzten Lauf und tranken warmen Kaffee. Dann kam Christiane auf die Idee, noch einmal auf unsere Fährtickets zu schauen (sehr gute Idee) und stellte so fest, dass wir eigentlich schon um 14 Uhr in Helsinki sein mussten und nicht wie geplant um 18 Uhr. Um 18 Uhr war Abfahrt, und wir sollten drei bis vier Stunden vorher zum Einchecken da sein. Das verlegte unsere Abfahrt von 5 auf 2 Uhr, und wir mussten auf etwas Schlaf verzichten. Aber egal - die letzte Ausfahrt war es allemal wert. Also fingen wir an, unsere Siebensachen zu packen, die Hunde zu füttern und gönnten uns dann noch ein bisschen Ruhe, bevor wir bei eisiger Kälte und sternenklarem Himmel die vereisten und schneebedeckten 730 Kilometer nach Helsinki in Angriff nahmen. Ein letztes Mal gingen Christiane und ich zum See hinunter und standen Arm in Arm da und verabschiedeten uns still von dem Norden in Finnland. Dann ging es los. Wir wollten unterwegs wieder ausreichend Rast für die Hunde machen und noch ein paar Mitbringsel für unsere Helfer und Lieben zu Hause besorgen. Wir betrachteten nun noch einmal den unheimlich glitzernden Schnee und nahmen noch alle möglichen Eindrücke in uns auf. Der LKW knirschte vor Kälte in allen Lagern und Aufhängungen. Wir waren unterwegs nach Helsinki.

Die Rückfahrt im Sturm

Die Autofahrt nach Helsinki verlief wie die Hinfahrt relativ problemlos. Das einzige Manko war, dass die Seitenscheiben ständig zufroren (und zwar von innen durch unseren Atem), obwohl die Heizung voll aufgedreht und das Gebläse auf die Scheiben eingestellt war. Erst 100 Kilometer vor Helsinki hatte sich auch dieses Problem erledigt. Mit den entsprechenden Pausen für die Hunde, zum Tanken und mal einen Kaffe für uns legten wir die Strecke wieder in knapp 13 Stunden zurück. Unsere Fähre fanden wir in Helsinki auch auf Anhieb. Mit unseren Hunden am Eincheckschalter waren wir wieder die Attraktion und wurden bestimmt so oft fotografiert wie ein Promi auf dem roten Teppich. Nur diesmal wurden wir nicht wie erwartet nach unserer üblichen Warterei auf dem Wetterdeck, sondern tiefer im Schiff untergebracht. Warum das so war, erfuhren wir unterwegs.

Schweres Wetter kam auf, und aus meiner Segelzeit wusste ich, was da auf uns zukam. Sturm mit Windstärken von 120 km/h ließen die Fähre ganz schön schwanken. Die Fährgesellschaft sparte bei dieser Überfahrt jede Menge an Essen. Zwei Drittel der Gäste waren schlimm seekrank. Da standen Kinder vor der Toilette und warteten auf ihre Mütter, die dort ihr Essen wieder los wurden. Auch Ute war fast 27 Stunden halbtot in der Kabine und nicht in der Lage aufzustehen. So schlimm hatte es sie erwischt. Gott sei Dank blieben Christiane und ich davon verschont. Wegen eines Maschinenschadens liefen wir mit einer fast zwei stündigen Verspätung aus dem Hafen von Helsinki aus. Das Schiff sah während der Überfahrt irre aus. Alle Aufbauten und alles, was im Freien war, wurden mit einer dicken Eisschicht überzogen. Der Wind trieb das Seewasser vor sich her und jeder Tropfen, der das Eisen des Schiffes berührte, wurde sofort zu Eis. Die Gäste, die mit ihren Hunden auf Deck Gassi gehen mussten, hatten alle Mühe, nicht zusammen mit ihren Vierbeinern umgeweht zu werden.

Ansonsten verlief die Rückfahrt nach Travemünde problemlos. Den Hunden machte das schwere Wetter gar nichts aus, und sie verhielten sich wieder vorbildlich. Während der Überfahrt unterhielten Christiane und ich uns mit einem Finnen. Unsere Gespräche drehten sich um das konkrete Leben in Finnland (Arbeitslosigkeit, Steuern, Immobilienpreise etc.). Man weiß ja nie - vielleicht brauchen wir es ja noch, denn wie gesagt - ich könnte da problemlos leben. Was wir hörten, war jedenfalls durchweg gut und regte bei mir mal wieder eine Menge Gedanken an. Durch den Sturm und die verspätete Abfahrt kamen wir um 0 Uhr MEZ in Travemünde an. Die Heimfahrt verlief verkehrstechnisch ohne Probleme und Zwischenfälle. Natürlich machten wir wieder viele Pausen für die Hunde und uns. Wir legten die Strecke in elf Stunden zurück.

Leider musste ich noch auf der Rückfahrt die traurige Entscheidung wegen Kanok treffen, was uns dann doch sehr beschäftigt hat. In Altmannshausen angekommen haben wir noch die Hunde in die Zwinger verlegt und waren dann einfach nur müde. Die Hunde freuten sich auch, wieder in ihren Zwingern zu sein, doch es war anders als in Finnland. Kein Schnee und keine trockene Kälte mehr - Deutschland begrüßte uns gleich mit Regen und Schmuddelwetter. Ich hätte glatt umdrehen und wieder zurückfahren können. Wir hatten uns und alle Hunde wieder gesund nach Hause gebracht. Trotz Kälte und der vielen, vielen, vielen Kilometer, die die Hunde gelaufen waren, hatte keiner an Gewicht verloren oder sonstige Blessuren. Ein Lob auf unser Futter. Na ja - bis auf Miquel, denn die Hündinnen fingen in Finnland mit ihrer Läufigkeit an, und der arme Kerl leidet dann immer ganz besonders schlimm. Er frisst dann schlecht und nimmt dadurch immer ab.

Die Versorgung der Hunde

Eine Frage, die mir und wahrscheinlich allen, die so etwas machen, immer wieder gestellt wird, ist: "Warum fährt jemand an einen Punkt dieser Erde, an dem minus 25 Grad normal, kaum Menschen anzutreffen sind und jede Menge Wölfe leben, und setzt sich freiwillig Schneestürmen, großer Kälte, Elchangriffen sowie anderen unangenehmen Dingen aus und fährt mit Schlittenhunden dort durch die Gegend?" Nun - das ist ganz einfach: "Es ist einfach atemberaubend schön!" Jedes andere Wort ist überflüssig. Fragt meine Frau, die den Reiz des Nordens jetzt ebenfalls kennt.

Für so eine Reise müssen die Hunde auch auf bestimmte Dinge vorbereitet und konditioniert werden. Damit ist nicht nur das vorbereitende Training im Hinblick auf Kraft und Ausdauer gemeint. In einer Umgebung, in der in kürzester Zeit alles gefriert, kann keine Futterschüssel lange auf dem Boden stehen bleiben. Also müssen die Hunde dazu animiert werden zu fressen, wann immer das Futter hingestellt wird. Das größte Problem ist das Wasser. Die Hunde sollen keinen Schnee fressen, das gibt Durchfall und führt zu Flüssigkeitsverlust, was hier fatale Folgen hätte.

Durch die trockene Kälte muss der Hund sämtliche Flüssigkeiten durch das Futter aufnehmen und verliert gleichzeitig mehr als bei uns zu Hause. Wasserschüsseln können nicht aufgestellt werden, weil sie innerhalb von Minuten durchfrieren. Also muss Wasser mit dem Futter aufgenommen werden. Deshalb wird das Futter mit soviel Flüssigkeit angereichert wie es nur geht. Wir haben morgens eine Suppe aus Wasser und Rindfleisch an die Hunde verteilt und abends eine Mischung aus Hochleistungsfutter, Fleisch, besonderen Kohlenhydraten (Nudeln, Kartoffeln etc.) und Wasser verfüttert. Durch die Kälte bei gleichzeitiger Hochleistungsbeanspruchung und durch die langen Touren verbrauchen die Hunde so viele Kalorien wie ein Tour-de-France-Fahrer. Das Futter muss ständig an die Belastung und die Kälte angepasst werden.

Zu Hause füttern wir anders, da dort die Belastungen anders sind. Ein alter Trick, um einen lustlosen Hund zum Fressen zu bewegen (was hier lebensnotwendig ist), ist übrigens eine Prise Knoblauch. Das funktioniert natürlich nicht bei jedem Hund, aber nur ein Versuch macht klug, wie man so schön sagt. Andere Hunde fahren dafür auf Thunfisch oder Lachsöl ab - wieder andere auf Hühnerbrühe. Ein Hund der nicht frisst, darf nicht so belastet und muss geschont werden, d.h. man muss ihn aus der Kälte nehmen, bis er frisst. Das Gewicht jedes Hundes muss also im Auge behalten werden.

Die Ausrüstung

In Geschäften wird zuhauf so genannte Outdoor-Ausrüstung zu mehr oder weniger günstigen Preisen angeboten. Hier erfährt man sehr schnell, ob es wirklich was taugt. Schuhe und Handschuhe sind ein sehr wichtiger Bestandteil, auf den man besonderen Wert legen muss. Sogenannte Mode-Outdoor-Kleidung (so nenne ich es immer) lässt einen hier bei minus 25 Grad mit Windchill oder auch mal minus 35 Grad (oder tiefer) ganz erbärmlich frieren. Ich will und kann hier nicht auf jedes Detail der Kleidung eingehen, wer Interesse an weiteren Informationen hat, kann sich gern an uns wenden. Wir haben die Dinge, die wir empfehlen, selbst getestet und wissen deshalb ganz genau, wovon wir sprechen.

Bei der Hundeausrüstung gilt das gleiche. Kocher, Geschirre, Karabiner, Leinen, Reißverschlüsse, Halsbänder, Hundeboxen - bei allem haben wir Lehrgeld bezahlt und eines kann ich allgemein sagen: Hände weg von Kunststoff, denn das bricht wie nichts in der Kälte, egal woran es sich befindet, und von Eisen, da dieses unter Belastung ebenfalls bricht und überall anfriert. Messing ist ein gutes Material für belastete Teile. Haltet euch an Bergsteigerausrüstung, was die großen Karabinerhaken angeht, und ansonsten fragt uns, denn auch hier wissen wir, wovon wir reden. Wirklich gute Ausrüstungsgegenstände kosten etwas mehr - allerdings auch keine Unsummen. Manche Teile habe ich schon über 12 Jahre und bin immer noch sehr zufrieden.

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