Hunde

Polarhunde: Eine "blauäugige" Anschaffung?

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"Ein Husky ist ein Husky und kein 'gewöhnlicher' Hund. Dies macht ihn so einzigartig und liebenswert. Oft ist gerade dies aber sein Verhängnis." (R. Pechmann)

Polarhunde zwischen Faszination und Realität

Die Begeisterung für Polarhunde hat viele Ursprünge: Kindheitsträume; Naturverbundenheit; die Vorstellung, mit dem Hundeschlitten durch eine gleißende Schneelandschaft zu fahren; die Tatsache, dass die nordischen Rassen noch sehr "ursprüngliche", nicht hochgezüchtete Rassen sind; das wolfsähnliche Aussehen; die auffällige Maske, die schönen blauen Augen, das weiche, glänzende Fell, das zum Kraulen einlädt; oder die Eigenständigkeit dieser charaktervollen Hunde.

Leider klaffen gerade bei den nordischen Hunderassen oft die Vorstellungen über und die Begeisterung für die Hunde und nachher die Realität auseinander. Den Welpen, diesen puscheligen tapsigen Bärchen mit den Knickohren, kann man kaum widerstehen. Aber die heranwachsenden und die erwachsenen Hunde haben dann sehr spezielle, anstrengende und zeitraubende Bedürfnisse: Vor allem einen größeren Bewegungsdrang als viele andere Hunderassen. Da man Nordische, von ein paar "Ausnahmeerscheinungen" abgesehen, wegen ihres Jagdtriebs nicht von der Leine lassen kann, läuft Mensch genauso viel wie Hund. Das muss Mensch erstens mögen, und zweitens muss er die Zeit dafür haben. Die Nordischen haben auch einen größeren Beschäftigungsdrang als viele andere Rassen und wenn dieser nicht befriedigt wird, suchen sie sich ihre Beschäftigung selber - als Innen- oder Gartenarchitekt - und ihre Vorstellungen, wie Wohnung oder Garten aussehen könnte, sind andere als die der Menschen. Das oft sehr dichte, lange Fell bedarf intensiver Pflege (und eines guten Staubsaugers), vor allem beim Fellwechsel. Die Eigenständigkeit oder der oft zitierte "nordische Sturkopf" bringen es auch mit sich, dass Befehle nicht immer aufs erste Mal ausgeführt, sondern hinterfragt werden. Genauso hinterfragt wird oft auch die Autorität des "Rudelführers", vor allem von pubertierenden Junghunden.

Warum aus manchem Polarhund ein "Notfell" wird

Mancher Hundebesitzer wurde unüberlegt zu einem Polarhundebesitzer, verführt vom hübschen, auffallenden Äußeren der Hunde. Wenn es dann zu anstrengend wird, enden solche "Anschaffungen" oft damit, dass der Hund abgegeben wird, oder, bei denjenigen, für die Tiere Wegwerfware sind, damit, dass der Hund ausgesetzt oder in Zwinger, Keller oder Schuppen weggesperrt oder angekettet wird.

Am häufigsten sind es jedoch veränderte Lebensumstände, die zur Abgabe eines Hundes zwingen. Da die Nordischen eben sehr viel Bewegung brauchen, ist die Abgabe häufiger und schneller erforderlich als bei anderen Hunderassen: Aufgrund von Krankheit kann der Hund nicht mehr ausgelastet werden; nach Trennung bzw. Scheidung kann ein Partner allein dem Hund oft nicht mehr gerecht werden; berufliche Veränderungen bringen es mit sich, dass der Hund zu lange alleine zu Hause bleiben müsste. Wegen des Jagdtriebs kann man sie nicht jedermann anvertrauen; "Hundesitter" oder "Gassigeher" sind deshalb für Polarhunde schwieriger zu finden als für andere Rassen. Auch die schlechter werdenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Einzelnen sorgen dafür, dass Hunde vermehrt abgegeben werden.

"Normale" Tierheime sind auf die Bedürfnisse von Nordischen Hunden nicht eingerichtet: Die Gehege sind zu klein, um dem Bewegungsdrang gerecht zu werden; und es sind zu viele Tiere, als dass sich die Pfleger auch nur annähernd ausreichend mit einem Nordischen beschäftigen könnten. Beides sorgt für zusätzlichen Stress unter den Tieren. "Normale" Tierheime nehmen deshalb nicht gerne Polarhunde auf.

Hilfe für "Notfelle" kommt aus dem Schwarzwald

1994 entstand aus privater Tierschutzarbeit für nordische Hunde heraus der gemeinnützige Verein Nothilfe für Polarhunde e. V. (NfP) mit Sitz in Freudenstadt/Schwarzwald. Oberstes Ziel der Arbeit der NfP ist es, heimatlos gewordene Nordische Hunde in neue Familien zu vermitteln. Hunde, die aufgrund von Alter oder chronischen Krankheiten nicht mehr vermittelbar sind, werden in Dauerpflegefamilien untergebracht. Ein weiteres wichtiges Ziel des Vereins ist, durch Aufklärung und gutes Beispiel Verständnis für das Wesen der Nordischen Hunde zu wecken und so die unüberlegte Anschaffung eines Polarhundes - d. h. Leid - im Vorfeld zu verhindern. Zu den bekanntesten nordischen Hunderassen zählen

  • Husky
  • Malamute
  • Samojede
  • Eurasier
  • Spitz

und die japanischen Hunderassen

  • Akita Inu
  • Shiba Inu
  • Chow-Chow

Es gibt viele weitere Rassen (Laika, Karelischer Bärenhund, Grönlandhund, Elchhund, Islandhund, um nur einige zu nennen), die zu den Nordischen zählen, die aber bei uns selten als Haushunde gehalten werden.

Oberstes Ziel ist die Vermittlung in neue Familien

Wenn die NfP gebeten wird, einen Hund zu vermitteln, gibt es drei Möglichkeiten: Der günstigste Fall ist, dass die Besitzer, die ihren Hund abgeben wollen oder müssen, sagen bzw. sagen können, sie behalten ihn, bis die NfP eine Alternative gefunden hat. Zum Zweiten arbeitet die Nothilfe für Polarhunde mit vielen Pflegestellen zusammen, die die Hunde bis zur Vermittlung aufnehmen, oft auch sozialisieren oder ans Leben in einem Haus oder in einer Wohnung gewöhnen. Und zum dritten hat die NfP ihre Auffangstation, eine Art Tierheim, nur mit sehr großen Gehegen, in denen mehrere Polarhunde zusammen gehalten werden können, wo sie spielen und toben können. Bevor die Hunde zur Vermittlung kommen, werden sie, wie im Tierschutz üblich, tierärztlich durchgecheckt, ggf. behandelt, kastriert und geimpft. Die Nothilfe für Polarhunde nimmt in erster Linie Hunde aus Deutschland auf, gezielt auch ältere oder gehandicapte und damit schwerer vermittelbare Hunde, für die sie mit jeder Menge Geduld und Kompetenz neue Familien sucht.

Neue Heimat für "Notfelle"

2011 verlor die NfP ihre Auffangstation im Schwarzwald wegen Eigenbedarfs des benachbarten Tierheims. Nach drei Jahren intensiver Suche (alle finden es gut, wenn man sich für Kinder, Behinderte oder Hunde einsetzt - aber bitte nicht vor der eigenen Haustür) hat sie ein Gelände für eine neue Station gefunden, 60 km vom Vereinssitz entfernt, in Burladingen auf der Schwäbischen Alb. Das Gelände wurde vom Verein nicht gepachtet, sondern erworben, um nicht wieder mit "leeren Händen" dazustehen, wenn die Pacht nicht verlängert wird. Dies ist ein sehr ambitioniertes Projekt für einen relativ kleinen Verein, der zwar bundesweit agiert und vernetzt ist, selbst nach Dänemark, Österreich und in die Schweiz Hunde vermittelt, der aber nur knapp 400 Mitglieder zählt. Möglich ist dies nur mit sehr engagierten Mitgliedern. Der Rest der Kaufsumme muss finanziert werden, und um die Kreditsumme möglichst klein zu halten, ist jede Spende, jeder Euro willkommen.

Eine Station jedoch ist zwingend erforderlich für die Arbeit des Vereins. Die Pflegefamilien haben den Vorteil, dass man sich dort natürlich intensiver um den einzelnen Hund kümmern kann als in der Station, auch wenn die Pfleger und Pflegerinnen hervorragende Arbeit leisten. Aber Anfragen von Hundebesitzern, die, wenn auch "nur" hobbymäßig, Hundeschlittensport betreiben und diesen aufgeben müssen, häufen sich, vielleicht auch aufgrund der schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage. Auch Beschlagnahmungen wegen schlechter Haltung, z. B. bei Animal Hoardern, werden immer häufiger. Dann stehen ganze Rudel auf einmal da und wollen aufgenommen werden - sechs, zwölf oder noch mehr Hunde, oft sehr scheue Hunde, wenn sie von Animal Hoardern kommen und ohne Menschenkontakt aufgewachsen sind. Das geht natürlich nur in einer Auffangstation, nicht in einer Pflegefamilie.

Die neue Station ist eine ehemalige Reitanlage. Sie liegt außerhalb der Stadt, die Fläche bietet Platz für fünf Freilaufgehege mit jeweils circa 11 x 18 Metern (siehe letztes Bild). Die Gehege sind mit zwei Meter hohen Doppelstabmatten mit Übersprungschutz umzäunt. Vollbesetzt werden dort bis zu 30 Hunde ein vorläufiges Zuhause finden, je nachdem, wie die Hunde vergesellschaftet werden können. Die Nothilfe für Polarhunde rechnet damit, dass aufgrund ihrer intensiven Vermittlungsarbeit der Besatz jährlich dreimal komplett wechselt. Zusammen mit den in Pflegefamilien untergebrachten Hunden vermittelt die NfP jährlich circa 120 Hunde - eine stolze Zahl. Jedem Freilaufgehege ist ein Unterbringungscontainer als Wetterschutz und für die Nacht zugeordnet, dessen Decken und Wände isoliert und dessen Boden mit Heizmatten ausgestattet sind. Geplant sind drei Teilzeitkräfte zur Betreuung der Hunde und ein fester Stamm an Gassigehern.

Unterstützen Sie die Nothilfe für Polarhunde

Wer spendet wird auf Wunsch namentlich auf der Website der Nothilfe für Polarhunde genannt, ab 50 € Spende auch auf einer Spendentafel, die im Eingangsbereich der Station angebracht werden soll. Da zwischen Aufgabe der alten und Aufbau der neuen Station die Unterbringungscontainer und Einrichtungsgegenstände kostenlos bei einem Mitglied eingelagert werden konnten, kostet der Aufbau eines Geheges nur 5.000 €. Wer den Aufbau eines Geheges komplett sponsert, darf dem Gehege seinen Namen geben - damit aus "Notfellen" wieder glückliche und fröhliche Hunde werden. Die Fotos von Yukon, AnaÏs, Lupa und Sarah stehen nur beispielhaft für viele erfolgreich vermittelte, glückliche Hunde.

Nothilfe für Polarhunde e. V.

Silcherstr. 10, 72250 Freudenstadt

Tel.: 07441 951995, Fax: 07441 951994, E-Mail: nothilfe@polarhunde.de

Website: http://www.polarhunde-nothilfe.com

Spendenkonto:

Volksbank Dornstetten eG. BLZ 642 624 08. Konto-Nr. 523 760 10.

IBAN DE 77642624080052376010. BIC GENODES1VDS

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