Hunde

Die Arbeit der Hütehunde

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Der Austrieb der Schafe

Die Schafe werden heute meistens mit einem Elektropferch beisammen gehalten oder sie stehen auf einer Koppel, die ebenfalls elektrisch gesichert ist. Zum Austrieb der Tiere auf die Weide wird dieser Elektropferch in einer Breite zwischen drei und sechs Metern geöffnet. Nun müssen sich die Hunde auf das Kommando des Schäfers rechts und links an der Öffnung hinstellen.

Manchmal wollen die Schafe nicht aus ihrem Pferch, dann muss der Halben-Hund, so heißt der Hauptarbeiter bei den zwei Hunden, seine Stellung neben der Öffnung verlassen, um den Pferch herumlaufen, hineinspringen und die Schafe langsam in Richtung Ausgang drücken.

Ein halber Hund ist er natürlich nicht, er bewacht allein die eine Seite der Schafherde beim Fressen und Treiben, also eine Hälfte (Seite), und der Schäfer mit dem Bei-Hund die andere. Der Bei-Hund hat in der Zwischenzeit beim Austrieb den Ausgang der Koppel nicht zu verlassen. Der Bei-Hund ist meistens nicht so gut wie der Halben-Hund oder er wird gerade zum Halben-Hund ausgebildet.

Die Schafnetze und Weidezaunanlagen sind teuer. Daher müssen die Hunde genau dort am Ausgang stehen, denn die Schafherden sind meistens groß, zwischen 300 und 800 Tiere hier in Deutschland. Öfter drängeln die Tiere zum Ausgang. Damit es dort nicht zu Materialschäden kommt, stehen eben die Hunde dort und passen auf die Ecken auf. Sind alle Schafe draußen, ruft der Schäfer seine Hunde zu sich.

Treiben zur Weide, auf Ecken aufpassen, Furche halten

Nicht immer ist die Schafweide genau neben der Schafkoppel. Und auf dem Weg zu der Weide gibt es fremde Felder, wo die Schafe nicht fressen dürfen, Wege, die sie nicht verlassen dürfen und natürlich zahlreiche Kurven.

Dort in diesen manchmal rechtwinkligen Kurven in Feldwegen müssen sich die Hunde genau in der Ecke der Straße positionieren. Die Schafherde muss auf dem Weg bleiben und darf nicht über die Kanten und Ecken der Felder, zum Beispiel Neuansaaten, laufen. Diese Felder gehören nämlich meistens den Bauern und diese wären wiederum sehr sauer, wenn der Schäfer an jeder Kurve der Straßen oder Wege die Ecken des Ackers mit seinen Tieren kaputttritt oder die Schafe noch auf seinem Acker fressen würden. Daher müssen die Hunde auch rechts und links beim Umtrieb der Schafe neben dem Weg in der Ackerfurche laufen, um kein Schaf auf die angrenzenden Kulturen zu lassen. Meistens sind neben den Wegen Ackerfurchen, die die Hunde als Laufstrecke neben der Herde benutzen. Sollten keine Furchen vorhanden sein, muss der Hund sich eine gedachte Linie suchen, annehmen und halten. Zum Beispiel läuft er dann am Straßenrand oder auf dem Fußweg neben der Straße.

Das "Steh" auf Kommando ist eines der wichtigsten Hörzeichen für den Hütehund. Er muss auf den Zuruf "Steh" sofort stehen bleiben und sich dabei, ebenfalls auf Kommando, vor- oder zurückbewegen, damit er den optimalen Standpunkt in der Ecke bzw. Kurve erreicht. Dieses Kommando hat er so lange beizubehalten, bis der Schäfer ihn abruft oder mit einem neuen Kommando, z. B. "Furche", eine neue Aufgabe zuteilt.

Enges Gehüt und Griff

Unter dem "engen Gehüt" versteht man eine kleine Hütefläche für die Schafe. Sie wollen sich natürlich ausbreiten, auf anderen Feldern naschen, besonders wenn im engen Gehüt das Futter zum Beispiel altes Gras ist, auf den Nachbarflächen aber saftiger Klee oder Mais wächst.

Der Begriff "dummes Schaf" ist für die Tiere nicht richtig. Beim Stehlen von anderen Flächen stellen sie sich sogar sehr schlau an. Ist der Hund an der Spitze der Herde, gehen sie am Ende mal schnell zum Nachbarn. Eilt der Hund nun zurück, gehen sie sofort wieder in die Herde. Gleichzeitig gehen nun aber vorn welche stehlen. Der Hund läuft sich zu Tode, besonders bei großer Hitze. Nun darf und muss der Hund für Ordnung sorgen. Auf Anweisung des Hirten beißt er nun eins von den stehlenden Schafen. Wichtig dabei ist, dass er auch einen Dieb erwischt. Die anderen Schafe sind davon so beeindruckt, dass sie das Stehlen erst einmal eine Weile lassen.

Der Biss des Hundes muss den Nacken oder die Rippen treffen und wird gelernt. Der ungelernte Hütehund beißt zu fest zu oder reißt am Schaf, verletzt die Keulen oder das Euter. Beißt er gelernt, ist es mehr ein Zwicken und er verletzt das Tier nicht. Das ist wichtig, denn ein Schaf mit kaputtem Euter kann kein Lamm mehr aufziehen. Verletzungen in der Keule würden bei der Fleischgewinnung beim Schlachtschaf stören. Ein Lamm könnte schwer verletzt werden und natürlich sind die offenen Wunden beim Schaf etwas für die Fliegen.

Straßenverkehr

Die Schäfer ziehen mit ihren Schafen über Feld- und Waldwege. Oft müssen sie aber auch eine Straße entlang. Wenn sich der Schäfer mit seiner Herde längere Zeit auf einer viel befahrenen Straße aufhält, kommt hier wieder der Halben-Hund zum Einsatz. Er läuft nun in der Mitte der Fahrbahn entlang der Herde vor und zurück. Damit hält er die Herde auf einer Seite. Somit können die Fahrzeuge auf der freien Seite der Straße passieren. Wenn er umkehrt, dreht er sich immer zur Herde hin, niemals zur Fahrbahn. Denn dort wollen ja die Autos vorbei. Nicht alle Fahrer fahren der Situation angepasst, manche Fahrer sind so begeistert oder abgelenkt, dass sie den Hund einfach übersehen. Das ist eine schwierige Übung und nur wenige Halben-Hunde beherrschen diese perfekt.

Brücke

Sollte der Schäfer mit seinen Tieren über eine Brücke müssen, stellt er einen Hund links und einen Hund rechts neben die Brücke. Die Schafe müssen über die Brücke und nicht daran vorbei. Unter der Brücke kann ein Fluss sein oder eine Straße. Die Hunde müssen hier sehr selbstständig arbeiten und eventuell vorbeilaufende Schafe zurückholen, damit die Herde auf keinen Fall getrennt wird. Denn läuft eine Hälfe nicht über die Brücke, versuchen die Tiere natürlich über die Straße zu der Herde zu kommen. Das wäre eine sehr gefährliche Situation, in die der Schäfer, der vor der Herde läuft, kaum noch eingreifen kann. Und ist ein Fluss unter der Brücke, steht die eine Hälfte der Herde, die über die Brücke gelaufen ist, auf der einen Seite und die andere Hälfte, die vorbeigelaufen ist, auf der anderen Seite. Dann ist es kompliziert, denn die Schafe sind Herdentiere und wollen zueinander und nun ist der Fluss dazwischen.

Weites Gehüt

Als "weites Gehüt" bezeichnet man eine größere Futterfläche. Das sind die Flächen, bei denen die Schafe sich einzeln auf der ganzen Weide verstreuen. Natürlich suchen sie sich erst einmal die besten Gräser und Kräuter auf der Weide und laufen zügig über die Fläche. Und irgendwann ist auch das weite Gehüt zu Ende. In den angrenzenden Ackerfurchen zum Nachbarn patroullieren auch hier wieder die Hunde und lassen die Schafe nicht vorbei.

Manchmal teilt der Schäfer seinen Tieren aber auch die Weide ein, damit sie diese gleichmäßig abfressen. Dabei schickt der Schäfer mit dem Kommando "langsam voran" seinen Halben-Hund an der Herde vorbei. Der Hund sollte beim Vorbeilaufen die fressenden Schafe nicht stören. Hat er die richtige Entfernung erreicht, kommt das Kommando "Steh". Nun läuft er wieder auf Kommando vor die Schafe, in die Mitte des Feldes, und wartet dort auf sie. Kommen diese bei ihm an, dreht er die Herde durch kleine Pendelbewegungen wieder in die andere Richtung. Das macht er langsam, so dass er die fressenden Tiere nicht auf einen Haufen jagt. Danach begibt er sich wieder in seine Furche.

Nach Hause

Abends geht es nach dem Fressen wieder in die Koppel oder in den Pferch. Der Schäfer läuft vor den Schafen vorweg, die Hunde laufen an der Seite der Herde mit. Nun läuft der Schäfer in die Koppel und die Hunde bewachen die Seiten, damit kein Schaf am Eingang vorbeiläuft und dann einzeln gefangen werden muss. Manchmal wollen die Schafe aber auch nicht in den Pferch rein. Hier begibt sich der Halben-Hund ans Ende der Herde und treibt die Schafe langsam zum Eingang. Sind die Schafe im Pferch, stellen sich die Hunde auf Kommando des Hirten vor den Eingang und lassen kein Tier mehr hinaus.

Trieb, Gehorsam, Selbstständigkeit

Drei Eigenschaften, die bei jedem Hütehund sehr wichtig sind:

Der Trieb ist der Wille zum Arbeiten. Egal, ob Sonne oder Regen, Schneegestöber oder Hagel, der Hund muss arbeiten wollen. Erschöpft, wenig Wasser: der Wille muss da sein. "Ich will meinen Hund nicht zur Arbeit tragen", heißt es da unter den Schäfern. Der Schäfer muss sich immer auf den Arbeitswillen des Hundes verlassen können.

Der Gehorsam des Hundes ist eine Grundvoraussetzung für die Arbeit an der Schafherde. Kein Hund ohne Gehorsam würde eine Arbeit verrichten können. Nicht bloß, dass er die einzelnen Übungen kennt, er muss sie auch auf Kommando verlässlich ausführen. Auch treffen die Schäfer auf andere Hunde, sehen Wild. Hier muss der Hund überall im Gehorsam stehen, denn hier steht Leben auf dem Spiel. Die Schafe können auf Straßen und Schienen geraten oder würden auf Kulturen fressen, die sie töten könnten. Und auch für den Schaden auf den nicht eigenen Feldern muss der Schäfer aufkommen.

Die Selbstständigkeit ergibt sich aus der Arbeit und den Anlagen des Hundes. Selbstständiges Arbeiten liegt nicht jedem Hund. Selbständigkeit macht den Unterschied zwischen einem sehr guten Hund und eben nur einem guten Hund aus. Es gibt Hunde, richtige Kommando-Hunde, die machen nichts selber, führen aber jedes Kommando toll aus. Ein sehr guter Hund lernt bei seiner täglichen Arbeit die Selbstständigkeit.

Er passt zum Beispiel an der Brücke auf und holt vorbeilaufende Schafe ohne Kommando zur Herde zurück. Er straft naschende Schafe ohne Kommando und sucht sich immer einen Dieb. Oder er hat keine Furche, aber einen Waldrand. Diesen nimmt er nun selbstständig als Furche an. Natürlich ist die Ausbildung eines solchen Hundes schwer für Hund und Schäfer-Hundeverstand. Ein geeigneter Hund und viel Situationserkennung sind wichtig. Der Schäfer ist hier beim Zeitfaktor anderen Hundebesitzern gegenüber im Vorteil, hütet er seine Schafe noch und koppelt er nicht nur, hat er Zeit zum Ausbilden. Hat der Hund es einmal gelernt, was gibt es dann für ihn Schöneres, als den ganzen Tag mit seinem Herrchen unterwegs zu sein. Eine sinnvolle Aufgabe, Auslastung, Selbstständigkeit und Teamarbeit. Einen stolzen Besitzer: Wie viele Hunde werden davon träumen?