Katzen

Clickertraining mit Katzen

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Clickertraining ist heutzutage vielen Hundehaltern ein Begriff. Ursprünglich in der Arbeit mit Wild- und Zootieren genutzt, hat diese Trainingsmethode Mitte der Neunziger Jahre aus den USA den Weg über den Ozean nach Europa geschafft und erfreut sich zunehmender Verbreitung: Das Tier lernt, dass der Click eine unmittelbar folgende Futterbelohnung ankündigt. Fortan kann der Click benutzt werden, um dem Tier im Training mitzuteilen "Richtig gemacht! Für das, was du in dem Moment des Clicks tust, bekommst du die Belohnung".

Der Fokus liegt auf dem gewünschten Verhalten – es wird belohnt, wenn das Tier das Verhalten zeigt, dass der Mensch sehen möchte – alles andere wird einfach ignoriert. Ein für mich persönlich besonders bestechender Aspekt des Clickertrainings ist der, dass das Tier selbst herausfinden muss, womit es sich Click und Belohnung verdienen kann. Es muss, oder besser: es darf Verhaltensweisen ausprobieren und anbieten und wird dann durch die Clicks zum Ziel gelenkt, seine Bewegungen werden geformt (Shaping – dazu später noch etwas mehr).

Soweit, so gut. Mit Hunden ist das ja alles ganz toll, höre ich Sie sagen. Aber mit Katzen? Katzen kann man doch nicht erziehen… Und trainieren schon gar nicht... Ist so etwas nicht auch gegen das Wesen unserer unabhängigen, individualistischen felligen Mitbewohner? Die machen doch ohnehin nur, was sie wollen... Und genau das ist das Stichwort: Katzen tun, was ihnen gut tut und woran sie Spaß haben - und gutes Clickertraining kann für Katzen ganz großer Spaß sein, der den Magen mit leckeren Dingen füllt. Clicker-Training kommt völlig ohne Zwang und Strafe aus, mit denen man bei Katzen ebenso wie bei Elefanten, Seelöwen und Tigern zum Scheitern verurteilt wäre. Es gibt keine körperliche Bedrängnis. Die Katze entscheidet in jedem Augenblick des Trainings, ob sie mitmachen möchte – und mit der richtigen Belohnung möchte sie garantiert. Dennoch sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie beginnen wollen, mit Ihrer Katze zu clickern. Das bleibt nämlich nicht ohne Folgen für das weitere Zusammenleben und Sie sollten sich die Konsequenzen lieber vorher klar machen:

Betteln adé: Bettelt Ihre Katze ganz gerne mal, während Sie essen oder in der Küche etwas vorbereiten? Streicht Sie Ihnen dann um die Beine und maunzt die ganze Zeit oder springt sogar auf die Küchenplatte oder den Tisch, um sich als Diebin zu versuchen? Diese Zeiten werden bald vorbei sein. Denn entweder lernt sie beim Clickern ziemlich fix, dass es sich lohnt, ruhig auf einem Platz zu warten statt zu nerven. Oder (und diese Variante finde ich persönlich wesentlich unterhaltsamer) Ihre Katze wird beginnen, Ihnen etwas anzubieten statt
ordinär zu betteln - Sie müssten sich also darauf gefasst machen, dass Ihre Katze bald Männchen oder Rollen macht oder wie neulich im Training von Stuhl zu Stuhl springt, während Sie sich ein Brot schmieren. Und natürlich bekommt sie dafür dann die verdiente Belohnung!

Kommunikationsprobleme adé: Wenn Sie mit Ihrer Katze clickern, lernen Sie beide eine ganz neue und sehr klare Form der Kommunikation miteinander. Sie können Ihrer Katze plötzlich mitteilen, was Sie sich wünschen. Statt Ihre Katze mit der Wasserpistole abzuschießen, wenn Sie am Sessel kratzt, können Sie sie ja nun clicken und belohnen, wenn Sie das tolle mit Stoff bespannte Kratzbrett oder den Kratzbaum benutzt.

Unausgeglichenheit adé: Ist Ihre Katze auch manchmal etwas ruhelos und rastlos? Überfällt sie manchmal aus purer Langeweile oder aus sichtbarem Frust ihre Mitkatze? Gerade das Leben von Wohnungskatzen stellt meist viel zu wenige Anforderungen an unsere intelligenten Jägerinnen – und Unterforderung macht schlechte Laune (bestenfalls). Clicker-Training bedeutet Kopfarbeit. Ihre Katze muss denken! Denn sie muss ja herausfinden, wie sie sich Click und Belohnung verdienen kann, während Sie ihr den Weg weisen. Dass die Miez z.B. die Vorderbeine auf einen umgedrehten Blumentopf stellen soll, lernt sie durch: Clicks für Blicke zum Blumentopf, Clicks für erste Bewegungsandeutungen in die richtige Richtung, Clicks für Schritte hin zum Blumentopf, Clicks für Nase dran, Clicks für Pfote dran, Clicks für Pfote recht hoch am Blumentopf, Clicks für eine Pfote auf dem Blumentopf und schließlich Click für zwei Pfoten auf dem Blumentopf! Und natürlich kann zu der geistigen Auslastung noch eine körperliche Komponente kommen, wenn Sie Ihre Katze nicht nur einen kleinen Blumentopf erklimmen, sondern sie über Beine und Hürden oder durch Reifen von Stuhl zu Stuhl springen lassen. Zwei bis fünf Minuten Training am Tag haben ähnlich ausgleichende Effekte auf die Katze wie eine Stunde Joggen oder anstrengende Arbeit im Büro für uns…

"Psychokatze" adé: Im Zusammenleben mit schwierigen Katzen ist Clickertraining pures Gold wert, da sie das Gelernte im Laufe der Zeit aus den Trainingssituationen in den Alltag übertragen. Rabiate Katzen können Impulskontrolle lernen. Sie haben beim Training schließlich eine leckere Belohnung quasi vor der Nase, aber sie müssen sich beherrschen und ein bestimmtes Verhalten zeigen, um an das Ziel Futter zu kommen – und diese Handlung besteht nicht in Pföteln, Krallen, Beißen, sondern darin, einen Targetstab mit der Nase zu berühren, über das Knie zu springen, sich hinzulegen... Verunsicherte und passive Katzen lernen beim Clickern, überhaupt wieder aktiv zu werden und selbständige Handlungen auszuprobieren. Jeder Click ist für sie ein Erfolgserlebnis, das ihnen ein bisschen Lebensfreude zurückgibt. Und im Umgang mit sehr ängstlichen Katzen haben wir mit dem Clickertraining die Möglichkeit, auch auf größere Entfernung ohne viel Bewegung des Menschen die Katze zu Annäherung zu ermutigen. Da die Katze beim Clickern immer selber entscheidet, wie weit sie gehen will, achten wir dabei ihre individuellen Grenzen und die Miez kann positive Erfahrungen mit uns machen. (Wenn Ihre Katze regelmäßig aggressives, ängstliches oder besonders passives Verhalten zeigt, sollten Sie über das Clicker-Training hinaus gemeinsam mit einer Verhaltensexpertin oder einem -experten die Ursachen ergründen und beheben!)

Katzenklischees adé: Ihre Clickerkatze wird einige Annahmen darüber, was "eben typisch Katze" ist, über den Haufen schmeißen. Nach einiger Zeit guten Trainings wird sie freiwillig in den Transportkorb gehen und sich darin sogar wohl fühlen. Sie wird auf ein Handsignal von Ihnen über eine Papphürde springen. Sie bleibt nicht auf ewig die "merkwürdige Katze", sondern entwickelt sich in einem positiven Sinne weiter und verarbeitet eventuelle frühere schlechte Erfahrungen. Sie wird Sie auf liebenswerte Weise zur Arbeit – äh, Verzeihung, zum Clickern auffordern und viel mehr Spaß an ihrem Futter haben, wenn sie es sich verdient hat, als wenn es langweilig im Napf liegt.

Bequemes Katzenhalterdasein adé: Vorbei die Zeit, in der Sie es sich als Katzenhalter/in gemütlich gemacht und ungefähr so wenig wie Ihre Wohnungskatze nachgedacht haben. Ab jetzt müssen Sie regelmäßig, am besten täglich mehrere Minuten für das Clicker-Training einplanen und kleine Futterbelohnungen vorbereiten. Sie sind in der Pflicht, an Ihren Qualitäten als Trainer/in zu arbeiten, weil davon die Motivation Ihrer Katze abhängt. Schlechtes Training ist frustrierend und macht überhaupt keinen Spaß – im Vergleich zu Hunden ist der soziale Aspekt des Trainings für Katzen sehr viel weniger belohnend und kann deshalb Trainingsfehler nicht "wieder gut machen". Obwohl auch Katzen immer wieder erstaunlich viel verzeihen... Schließlich müssen Sie ebenso kreativ werden wie Ihre Clickerkatze und sich ständig neue, spannende und katzenfreundliche Übungen ausdenken.

Sie sehen, mit Katzen zu clickern ist eine risikoreiche Sache. Und jetzt stellen Sie sich noch vor, wie es sich wohl anfühlt, wenn Sie auf dem Boden knien, Ihre Katze setzt sich vor Sie, Sie heben Ihre Hand senkrecht in etwa 20 cm Entfernung zum Kopf Ihrer Katze – und diese schlägt mit High Five ein...

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