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Hunde im Wolfspelz oder Der Saarloos-Wolfhund

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Die Anfänge des Saarloos-Wolfhundes

Nach vielen Versuchen in der Zucht und Kreuzungen verschiedenster Tierarten begann der Niederländer Leendert Saarloos in den 20er Jahren mit der Zucht eines Hundes, der keine Degenerationserscheinungen und eine natürliche Resistenz gegen die verschiedensten Krankheiten besaß. Da der Wolf auch heute noch sehr viele von diesen von ihm gewünschten Eigenschaften besitzt, wählte er eine Wölfin als Stammelternteil für die von ihm kreierte Rasse: den "Saarloos-Wolfhund". Leendert Saarloos - er lebte in Dordtrecht - erwarb vom Tiergarten Blijdorf eine junge Wölfin, die er Fleur nannte. Leider war das Tier nicht robuster als ein Hund und ging an einer allgemeinen Hundekrankheit ein. Die zweite Wölfin, Fleur II, wurde mehrfach mit dem Deutschen Schäferhundrüden "Gerard von Fransenum" (Axel von Stubersheim x Wotan's Irmhild) verpaart.

Bis 1934 brachten diese Stammeltern des Wolfhunds 28 Welpen hervor, wovon Leendert Saarloos innerhalb der folgenden acht Monate durch eine sehr strenge Selektion aber nur drei Welpen als tauglich für die Zucht des Wolfhunds auswählte. Auf Anraten des niederländischen Genforschers Dr. L. Hagedoorn wurden im Laufe der Zucht auch Brüder mit Schwestern verpaart, die wiederum ihre Vorzüge in Charakter und Gesundheit ihren Nachkommen vererbten. Um der Inzucht der Wolfhunde, die leider auch heute noch sehr hoch ist, entgegenzuwirken, wurden anfangs wieder Deutsche Schäferhunde eingekreuzt. 1963 wurde noch eine Wölfin in die Zucht eingebracht - vermutlich die sechste und auch letzte, was bis heute jedoch noch nicht ganz geklärt ist. Seinen Zwinger nannte Leendert Saarloos "van de Kilstroom".

Da zur damaligen Zeit in den Niederlanden nur Gebrauchshunde als Rassehunde anerkannt wurden, bildete Saarloos einige Exemplare dieser Züchtung zu Blindenbegleit- oder Schutzhunden aus. Bis auf einige Ausnahmen scheiterte die Ausbildung aber, da das Wolfsblut mit seinem starken Fluchttrieb den Angriffstrieb völlig verdrängt hatte. Dagegen zeigte sich der von ihm kreierte Europäische Wolfhund - wie er ihn genannt hatte - als Rettungs- oder Spürhund sehr geschickt.

Nach dem Tod von Leendert Saarloos (1969) folgten einige Jahre ungelenkter Zucht, wobei leider einige vorteilhafte Eigenschaften der Wolfhunde verwischt wurden. Sechs Jahre später, am 5. Juli 1975, wurde der "Europäische Wolfhund" offiziell durch den Raad van Beheer auch auf kynologischem Gebiet in den Niederlanden anerkannt und bekam zum Gedenken an den Begründer dieser Zucht den Namen "Saarloos-Wolfhund".

Der Rassestandard

Folgende Rassemerkmale wurden für diesen Wolfhund festgelegt und 1981 durch die FCI (Fédération Cynologique Internationale) unter Standard Nr. 311 FCI - Gruppe 1 gefestigt und international für Wolfhunde anerkannt:

Allgemein:

Der Saarloos-Wolfhund ist ein kräftig gebauter Hund, dessen äußerliches Erscheinungsbild an einen Wolf denken lässt. Er ist harmonisch gebaut und hat recht lange Gliedmaßen, ohne den Eindruck zu erwecken, hochbeinig zu sein.

Größe der Wolfhunde:

Sie variiert beim Rüden von 65 bis 75 cm und bei der Hündin von 60 bis 70cm. Abweichungen nach oben sind zulässig. Das Gewicht eines ausgewachsenen Rüden beträgt ca. 40 Kilo, eine Hündin wiegt zwischen 30 und 35 Kilogramm.

Kopf:

Er soll einen wolfartigen Eindruck erwecken und in seiner Größe mit dem Körper harmonisch übereinstimmen. Der Schädel ist flach, breit und keilförmig. Die Augen sind vorzugsweise gelb, mandelförmig, schräg platziert und nicht rund. Das Ohr ist mittelgroß, fleischig, dreieckig mit einer abgerundeten Spitze, und die Innenseite ist behaart. Das Gebiss hat eine vollzahnige Schere.

Körper der Wolfhunde:

Der Saarloos-Wolfhund ist länger als hoch, mit geradem Rücken und normal gewölbten Rippen. Die Brustlinie reicht höchstens bis zu den Ellenbogen. Die Rute ist am Ansatz breit, üppig behaart, reicht mindestens bis zum Sprunggelenk und wird säbelförmig bis beinahe gerade getragen. Das Gangwerk der Wolfhunde ist leichtfüßig und federnd. Das Fell ist stockhaarig und im Winter mit dichter Unterwolle. Die Haarfarben der Wolfhunde changieren von hell bis dunkel schattiertem schwarz-wildfarben (das sog. wolfsgrau), von hell bis dunkel schattiertem braun-wildfarben (waldbraun) und von hellem crème-weiß bis weiß. Bei wolfsgrauen Hunden muss der Nasenspiegel schwarz sein, bei waldfarbenen und weißen Hunden leberfarben.

Das Wesen des Wolfhundes:

Durch seinen vertrauenswürdigen Charakter ist der Saarloos-Wolfhund ein treuer und geschickter Haushund. Er zeigt immer die Vorsicht und das schnelle Reaktionsvermögen eines Wolfs, gepaart mit der Anhänglichkeit und Treue unseres ältesten Haustieres, dem Hund. Seine äußerliche Erscheinung und die Art, sich zu bewegen, machen den Wolfhund zu einer imposanten Erscheinung. Der Saarloos-Wolfhund ist ein sehr eigenständiger Hund, von dem man Gehorsam vom Welpenalter an nicht erwarten kann. Durch konsequente und liebevolle Erziehung erkennt er aber die "Herrschaft" des Menschen bedingungslos an. Der Wolfhund hat ein sicheres Sozialverhalten, ist kein Einzelgänger und besitzt dem Menschen gegenüber keinen Angriffstrieb. Ohne Grund sieht er sich nicht dazu veranlasst, dem Menschen Schaden zuzufügen. Nicht zuletzt aufgrund seines außerordentlich friedvollen Verhaltens gegenüber dem Menschen ist der Saarloos-Wolfhund auch nicht von den neuen Hundeverordnungen der Bundesländer betroffen. Wolfhunde gelten trotz ihrer Größe nach wie vor als absolut ungefährliche Hunde. Manche Wolfhunde haben jedoch einen ausgeprägten Jagdinstinkt. Einmal eine Maus gefangen, wollen sie dieses Erfolgserlebnis natürlich wiederholen. Den Jagdinstinkt kann man durch Erziehung eindämmen, aber nicht ganz unterdrücken. Fremden und unbekannten Situationen gegenüber ist der Saarloos-Wolfhund mitunter sehr zurückhaltend, misstrauisch bis scheu - Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel. Eine ihm unbekannte Person, die sein Revier betritt, wird gewöhnlich aus einiger Entfernung verbellt. Verschwindet der "Eindringling" nicht, zieht sich der Wolfhund murrend zurück, um später dann doch vorsichtig den Fremden zu beschnüffeln. Wenn es darum geht, neue Menschen kennen zu lernen, will der Wolfhund den ersten Schritt machen. Ein Anbiedern des Menschen ist ihm jedoch zuwider.

Trotz seiner Zurückhaltung ist der Saarloos-Wolfhund ein sehr neugieriger Hund. Auch besitzt er einen sicheren Instinkt dafür, ob fremde Menschen "seiner Familie" gut gesinnt sind. Menschen, die ihm suspekt vorkommen, meidet er auch trotz seiner Neugier. Man sollte nicht darauf bauen, dass der Wolfhund seinen Herrn in brenzligen Situationen verteidigt. Er ist kein Schutzhund, wie allzu oft angenommen wird. Ein Saarloos-Wolfhund beißt nur, wenn er dazu gezwungen ist, sein eigenes Leben zu verteidigen.

Das Zuchtziel für die Wolfhunde

Die Zucht der Saarloos-Wolfhunde ist nicht mit der Zucht irgendeiner anderen Rasse zu vergleichen. Grundvoraussetzung sind genetische Kenntnisse, die man sich anhand von Fachliteratur aneignen kann. Das geringe Zuchtpotenzial der Wolfhunde macht es einem Züchter sehr schwer, geeignete Kombinationen von Verpaarungen zu finden. Durch die Inzucht, wodurch diese Rasse - und auch viele andere - eigentlich nie entstanden wäre, kommt man bei einer Zuchtkombination meist nicht weiter als bis zur vierten Generation. Dessen ist sich jeder gute Züchter bewusst und nimmt unter Umständen auch sehr weite Fahrten auf sich, um geeignete Partner für seinen Wolfhund zu finden. Wiederholte Inzucht in der Vergangenheit ist auch die Ursache für eine erbliche Krankheit, die beim Saarloos-Wolfhund vermehrt auftritt und Insidern sehr wohl bekannt ist. Es ist die "progressive Retina-Atrophie" (PRA), eine Augenkrankheit, die autosomal rezessiv vererbt wird und unweigerlich zur Erblindung des erkrankten Tieres führt.

Die progressive Retina-Atrophie (PRA)

Der erste Fall von PRA beim Saarloos-Wolfhund wurde 1994 in Deutschland bekannt. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste niemand in der Saarloos-Zucht, was diese Krankheit für die Rasse bedeuten kann. Heute ist man in der Forschung so weit, erkrankte Tiere frühzeitig zu erkennen, um sie dann aus der Zucht nehmen zu können. Darum ist es sehr wichtig, vor Zuchteinsatz die Wolfhunde auf diese Krankheit zu untersuchen und einmal im Jahr eine Augenspiegelung durchführen zu lassen. Sie tut dem Hund nicht weh und gibt dem Züchter die Sicherheit, dass sein Wolfhund nicht erkrankt ist. Leider kann man durch diese Untersuchung nicht feststellen, ob der Hund Träger eines defekten Gens ist oder nicht. Für die Genforschung ist es darum besonders wichtig, Blutproben von erkrankten Tieren für eine Untersuchung zu bekommen. Allein der Genlocus (Genort) gibt Aufschluss darüber, auf welchem Gen der Defekt zu suchen ist.

Voraussetzungen der Hunde für die Zucht

  • Vergleich der Stammbäume des Rüden und der Hündin, um eine neuerliche Inzucht möglichst zu vermeiden.
  • Röntgenauswertung: Keinen HD-Wert C (Hüftgelenksdysplasie) zur Zucht verwenden, auch nicht mit Sondergenehmigung, um in späteren Generationen keine schwere HD aufkommen zu lassen.
  • PRA-Untersuchung vor Zuchteinsatz, um sicher zu sein, dass die Wolfhunde nicht erkrankt sind, denn äußerlich lassen sich Träger nicht erkennen.
  • Auf ein "offenes Wesen" achten und die Kombinationen zweier scheuer Wolfhunde grundsätzlich vermeiden, da dies den Fluchttrieb fördert. Bei Kombinationen mit einem scheuen Tier sollte die Hündin das offenere Wesen haben, denn bei der Welpenaufzucht übernehmen diese überwiegend das Verhalten der Mutter.
  • Die Zuchtlinien der Elterntiere dürfen keine erblichen Erkrankungen aufweisen, weil manche Erkrankungen, z.B. Ösophagusdilatation (Speiseröhrenerweiterung), erst in späteren Generationen auftreten.

Wie wichtig ist der Mensch für den Saarloos-Wolfhund?

Der Mensch muss lernen, mit dem Tier umzugehen und zu leben. Für extreme Hektiker oder Menschen mit zu schwachen Nerven ist der Wolfhund ungeeignet. Wenn man die Charaktereigenschaften der Rasse kennt, so ergibt es sich fast von selbst, wer für diese Rasse geeignet ist.

Aufgrund seiner starken Rudelbindung erträgt es der Saarloos-Wolfhund kaum, von seiner Familie getrennt zu sein. Das mag er absolut nicht - auch wir Menschen sind nicht gern allein!! Ist das Alleinsein aber einmal nicht vermeidbar, sollte man ihn frühzeitig daran gewöhnen - dann wird er es klaglos ertragen. Trotzdem sollte man den Wolfhund nicht länger als etwa vier Stunden alleine lassen, da er sonst starken Trennungsängsten ausgesetzt wird, die oft eine Zerstörungswut auslösen - einige Saarloos-Besitzer sind dadurch schon zu neuen Möbeln gekommen. Vielfach wird man gefragt, ob es dann nicht sinnvoll wäre, gleich zwei Wolfhunde zu halten. Davon wird Ihnen jeder gute Züchter abraten. Ein Welpe stellt in seinem Unternehmungsdrang sehr viel Unsinn an - und zwei Welpen dementsprechend doppelt so viel. Mancher Erstbesitzer eines Saarloos kam im ersten Welpenjahr nicht um diesen Spruch herum: "Entweder geht der Hund oder ich." Hilfreich ist es , wenn bereits ein älterer Hund in der Familie ist. Der Saarloos-Wolfhund ist ein Imitator, der sich im Welpenalter vieles von anderen Hunden abschaut und es für sich übernimmt.

Sind Saarloos-Wolfhunde geeignete Familienhunde?

Da er kein "Raufer" ist, liebt der Saarloos-Wolfhund das Herumtollen mit anderen Hunden und die Ausgeglichenheit und Harmonie innerhalb seiner Familie. Wolfhunde schmusen gerne und sind für jede Aufmerksamkeit, die sie von ihrer Familie bekommen, dankbar. Kinder werden von Wolfhunden besonders geliebt und ihre Liebkosungen erträgt der Wolfhund geduldig. Wird es ihm zu viel, geht er, ohne einen ärgerlichen Ton von sich zu geben, einfach an einen anderen Platz. Es widerstrebt ihm, auf laute und übertriebene Artikulierung zu hören. Ruhige, bestimmende und konsequente Worte nehmen die Wolfhunde aber auf und richten sich nach ihnen. Wenn man all dies beachtet und ein Gespür für den Charakter, das Temperament und die Verhaltensweisen seines Hundes hat, ist der Saarloos-Wolfhund ohne Zweifel ein vorbildlicher Familienhund.

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