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Retter auf vier Pfoten: Die Ausbildung von Rettungshunden

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Was in solchen Situationen von den Rettern auf vier Pfoten erwartet wird, ist wahrhaftig "unmenschlich", denn keinesfalls wären wir ohne unsere pelzigen Gefährten auch nur annähernd in der Lage, solche Meisterleistungen zu vollbringen. Selbst bestens ausgerüstet mit diversen technischen Geräten sitzen uns immer die viel zu rasch ablaufende Zeit und das häufig immer noch fehlende Vertrauen in das Können des Lebewesens Hund im Nacken. Die Technik ließ Betroffene leider oft im Stich, der treue Begleiter jedoch nicht. In manchmal schwer begehbarem Gelände, im Wald, bei Dämmerung, in der Nacht und mit dem zusätzlichen Druckfaktor Zeit hat er immer noch unumstritten die Nase vorne!

Wie bringt man jedoch einen Hund dazu, eine wahrscheinlich wildfremde Person zu suchen?

Da Rettungshunde nicht einer Fährte mit tiefer Nase folgen, sondern stöbernd arbeiten, ist der menschliche Geruch des Vermissten nicht notwendig. Hierbei nutzen wir den Beute-/Spieltrieb sowie den Such- und Stöbertrieb des Hundes. Die vernünftige Förderung dieses Triebes durch den Halter ist also wichtige Voraussetzung und Bestandteil der Ausbildung. Diesen zu kontrollieren ist enorm bedeutungsvoll, denn wildernde Hunde können zu dieser Arbeit nicht zugelassen werden. Ob wild herumfliegende Blätter, aufgescheuchte Hasen oder Rehe - all dies darf den Hund in der Arbeit nicht irritieren.

Im Training wird der Hund gelehrt, dass es das Tollste auf der Welt ist, Menschen zu finden. Die gefundenen Personen, die die Opfer simulieren, belohnen mit Spiel oder Leckerbissen, der Hund wird dadurch gerne suchen und baut eine so genannte "Opferbindung" auf. Diese ist wichtig, denn - egal, was passiert, ob die Person ängstlich, aggressiv oder leblos ist - der Hund muss den Gefundenen sicher anzeigen.

Anzeigearten des Rettungshundes

Der Rettungshund hat verschiedene Möglichkeiten, den Fund des Opfers anzuzeigen:

  • Bellende Anzeige
    Der Hund zeigt durch lang anhaltendes Bellen dem Hundeführer das Opfer an. Dadurch ist es dem Hundeführer möglich, den Ort des Opfers zu lokalisieren, auch wenn dieser nicht mehr im Sichtfeld des Führers ist.
  • Bringselanzeige
    Am Halsband des Hundes ist ein sog. Bringsel angebracht. Bei Fund des Opfers nimmt er diesen kurzen festen Lederriemen ins Maul, läuft zum Führer zurück und signalisiert damit die Auffindung.
  • Rückverweiser oder Freiverweiser
    Nach Entdeckung des Opfers läuft der Rettungshund zu seinem Hundeführer zurück und holt diesen sozusagen ab. Der Hund pendelt so lange zwischen Opfer und Hundeführer hin und her, bis das menschliche Auge den Vermissten entdeckt hat.
  • scharrende Anzeige
    Diese wird häufig bei der Lawinensuche eingesetzt. Natürlich zeigt der Hund durch Scharren lediglich den Aufenthaltsort des Opfers an, es wird nicht durch den Vierbeiner ausgegraben. Diese Aufgabe wird dann entweder vom Hundeführer bzw. von Helfern übernommen.

Wie überall gibt es auch zwischen den verschiedenen Anzeigearten Vor- und Nachteile. Der Eigenheit des Hundes ist dabei aber größte Bedeutung zu schenken.

Aufgaben des Rettungshundes

Die Ausbildung des Hundes umfasst viele weitere Teilgebiete, von denen hier nur einige genauer erläutert werden. Nachstehende Aufgaben tragen in diversen Prüfungsordnungen den Namen "Gewandtheit". Dazu zählen u.a. Fertigkeiten wie "Tragen und Übergeben", "Fassbrücke", "Wippe", "waagerechte Leiter", "Weitsprung", "Begehen von unangenehmem Material", "Fahren mit Transportmittel" und "Lenkbarkeit auf Distanz", auch "Detachieren" genannt.

  • Tragen und Übergeben:
    Die Notwendigkeit dieser Übung besteht darin, dass der Hund niemandem gegenüber auch nur einen Funken Aggression zeigen darf. Er soll sich von Fremden problemlos hochheben, tragen und auch übergeben lassen.
  • Fassbrücke:
    Ein Holzbrett mit ca. 4 m Länge und einer Breite von ca. 30 cm wird auf zwei gleich große Fässer gelegt. Die Konstellation ist meist beweglich gehalten, und schon beim Aufsprung bewegt sich der Boden unter den Pfoten des Hundes. Geschicktes Ausbalancieren und Gleichgewicht sind hier gefragt. Der Hund hat ungefähr in der Mitte des Brettes zu verharren und darf seinen Weg erst auf Kommando des Führers fortsetzen.
  • Wippe:
    Meist ist diese nicht so komfortabel ausgestattet wie jene, die man aus dem Bereich des Agility kennt. Auch hier dienen meist ein Fass und ein Holzbrett mit schon oben erwähnten Maßen als Konstruktion einer Wippe. Der Hundeführer darf dabei nicht mit seinem Hund von Anfang an mitgehen. Er hat am Anfang des Gerätes zu bleiben und den Vierbeiner bis zum Kipppunkt voranzusenden. Dort angelangt hat der Gefährte zu warten, bis der Hundeführer auf seiner Höhe ist. Gemeinsam wird dann dieses Gerät beendet.
  • Waagerechte Leiter:
    Zur Überwindung dieser Leiter, die ungefähr in 50 cm Höhe vom Boden aufgelegt wird, ist dem Hund nur die Benutzung der einzelnen Sprossen, nicht der Holme - der Seitenteile der Leiter - zu gewähren. Am Ende der Leiter wird der Hund vom Hundeführer heruntergehoben.
  • Weitsprung:
    Hierbei kann es sich um einen Wassergraben, ein Sprunggerät oder Ähnliches handeln. Der Hund hat auch dieses Gerät selbstständig zu bewältigen und am Ende wieder zu verharren, bis er vom Hundeführer abgeholt wird.
  • Begehen von unangenehmem Material:
    Baustahlgitter, Folien, Schutt, Blechtafeln etc. kommen hierbei zum Einsatz. Der Hund darf beim Begehen bzw. beim Verharren keine Unsicherheiten zeigen. Gerade beim Einsatz in der Trümmersuche natürlich ist es ein absolutes Muss, hierbei Trittsicherheit zu zeigen.
  • Fahren mit Transportmittel:
    Immer wieder notwendig, um von A nach B zu gelangen. Sei es ein Hubschrauber, der die Teams zur abgegangenen Lawine bringt oder ein Sessellift, eine Pistenraupe oder eine offene Ladefläche eines Transporters oder Anhängers. Die Hunde müssen auch hier Ruhe und Souveränität an den Tag legen.
  • Lenkbarkeit auf Distanz:
    Meist werden dabei Tische verwendet, aber auch Paletten oder Fässer sind zulässig. Diese sind in einer Art Dreieck aufgestellt. Der Hundeführer erhält einen Ausgangspunkt zugeteilt und darf diesen während der gesamten Dauer der Übung nicht mehr verlassen. Der Hund ist mit Hör- und Sichtzeichen auf diese markanten Punkte zu schicken. Dort angekommen hat er aufzuspringen und auf die nächste Anordnung zu warten. Die Reihenfolge, in welcher der Hund die Punkte anzuvisieren hat, ist immer unterschiedlich. Diese wird erst bei Einname des Ausgangspunktes vom Richter festgelegt.

Doch nicht nur die Vierbeiner werden geschult und gefordert, auch der Hundeführer hat einiges mitzubringen und zu lernen. Teamfähigkeit und gute Kondition, Erste Hilfe, Orientierung mit Karte und Kompass, Knotenkunde, Schneeprofil und vieles mehr sind in Theorie und Praxis auszuführen.

Mensch und Rettungshund als Team

Wie in jeder Hundeausbildung ist das Ziel, dass das Tun an sich schon zur Bestätigung wird. Hund und Mensch müssen ein eingespieltes Doppel werden, der Hund muss richtig gelesen werden können. Teamarbeit und Vertrauen, nicht nur innerhalb des Teams, sind gefragt, denn anders als bei anderen Hundeausbildungen sind hier sämtliche "Opfer" - welche meist ja ebenfalls Hundeführer sind - für die Ausbildung der "fremden" Hunde zuständig. Auch das sogenannte Opfer muss den Hund richtig lesen und einschätzen können, um ihn bei sich zu behalten (vorausgesetzt, es handelt sich hierbei um eine bellende Anzeige), ihn vielleicht zum Bellen zu animieren und ihn auch zum richtigen Zeitpunkt zu loben.

Jedes Mal aufs Neue ist es Faszination pur, Hunde bei dieser Arbeit und bei deren Erfolgen beobachten zu können. Diese großartige Leistung füllt scheinbar völlig mühelos die Lücken zwischen menschlichen und auch technischen Unfähigkeiten. Vor dieser Fähigkeit und diesem Können kann ich persönlich nur meinen imaginären Hut ziehen!

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