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Rudel- oder Mehrhundehaltung - mehrere Hunde liegen im Trend

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Ethologisch betrachtet, sprechen wir bei einer solchen Zusammenstellung von einer Hundegruppe – ein echtes Rudel besteht zunächst aus den Elterntieren, untergeordneten Tieren und den Welpen der Elterntiere und kann, da alle wichtigen Ressourcen innerhalb des Rudels vorhanden sind, noch einmal andere Dynamiken aufweisen als eine Gruppe von Hunden, die zusammen leben, aber nicht verwandt sind.

Was sollte beachtet werden, bevor man sich einen Zweithund zulegt? Zunächst einmal sollte man durchaus kritisch den Ausbildungsstand und die Macken des vorhandenen Hundes oder der vorhandenen Hunde betrachten. Sind hier erzieherische Lücken vorhanden, sollte man an diesen Lücken arbeiten, bevor der Zweithund einzieht. Schnell kann es sonst passieren, dass die Macken sich potenzieren – gerade bei jagdlichen Extratouren entstehen hier rasch große Probleme.

Ein guter Ausbildungsstand sähe beispielsweise so aus: Der vorhandene Hund lässt sich gut zurückrufen, wenn er Menschen in jeder Form (Radfahrer, Jogger, Skater, etc.) und andere Hunde trifft. Er zieht nicht übermäßig große Kreise, zeigt ein gutes Orientierungsverhalten an seinem Menschen, ein gutes Sozialverhalten bei anderen Hunden und sein Mensch hat kleinere Defizite gut im Griff.

Persönliche Voraussetzungen wie genügend Zeit, um allen Hunden gerecht werden zu können (Erziehungszeiten, die nicht nur in der Gruppe, sondern auch einzeln stattfinden sollten), Zuverlässigkeit, gute bis sehr gute Kenntnisse von hundlichen Kommunikationsformen, Beschwichtigungssignalen und Stresssymptomen sollten gegeben sein. Auch die finanziellen Aufwendungen um tieräztliche Behandlungen, Autoboxen, Liegeplätze, Leinen und Futter, sowie den hundesicheren Zaun um das Grundstück zu ziehen, sollten vorher bedacht werden. Eine weitere wichtige Eigenschaft für eine Mehrhundehaltung ist Humor, ohne den geht es nicht! Mehrere Hunde sind durchaus sehr schnell im Austopfen von Pflanzen oder anderem gemeinsamen Schabernack – gut, wenn man dann auch darüber lachen kann!

Passen die Umstände und der Zweithund soll einziehen, ist es zunächst ratsam, sich Gedanken über Geschlechtsverhältnis und Alter des Zweithundes zu machen. Rüde und Hündin, die häufig als das optimale Gespann angesehen werden, haben die Tendenz zu echter Arbeitsteilung beim Spaziergang im "Revier", d. h. der Rüde wird von der Hündin vorausgeschickt um die "grobe Arbeit" in Bezug auf die Revierverteidigung zu machen, was zu Problemen bei Hundebegegnungen führen kann. Bei dieser Zusammenstellung muss sich der Halter zudem Gedanken über Verhütung machen. Ich persönlich bin kein Freund von Kastrationen, erst recht nicht in sehr jungem Lebensalter, wie es häufig gemacht wird. Lässt sich aber ein zuverlässiges Trennen der Hunde während der Läufigkeit nicht gewährleisten, muss über diesen Punkt nachgedacht werden. Bei der Haltung von Rudeln gleichen Geschlechts, also Rüde/Rüde oder Hündin/Hündin ist es meiner Erfahrung nach ratsam, wenn nicht beide Hunde Wert auf die gleiche Ressource legen. Auch ein sehr überbordendes Temperament hoch zwei kann zu Problemen führen, denn aufdrehen ist leicht, herunterkommen aber manchmal schwierig ;-). Bei zwei Rüden können Probleme entstehen, wenn läufige Hündinnen in der Nähe sind, bei zwei Hündinnen kann es vor, während und nach den Läufigkeiten kriseln.

Die Aufnahme eines Welpen in die Gruppe ist sicherlich am einfachsten. Für den Menschen kann es hier die größte Schwierigkeit sein, dem oder den vorhandenen Hunden zu vertrauen, die dem Welpen erst einmal unmissverständlich mitteilen werden, dass im neuen Zuhause alles ihnen alleine gehört – erst wenn ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wird, gibt es gemeinsames Spiel und findet die echte Eingliederung statt. Temperamentsunterschiede kann man bereits in der Wurfkiste feststellen – hier sollte der Ersthund durchaus in die Entscheidung, welchen Welpen er denn nun gut riechen kann, mit einbezogen werden. Ist der Ersthund schon älter, könnte ihn ein sehr temperamentvoller Welpe leicht nerven, worunter das Verhältnis gleich am Anfang leiden würde, hier wäre es sicher besser, einen ruhigeren oder älteren Zweithund auszuwählen.

Die Aufnahme eines erwachsenen Hundes würde ich persönlich immer von meiner und der Sympathie des vorhandenen Hundes oder der vorhandenen Hunde abhängig machen und nicht so sehr vom Alter. In "Hundlerkreisen" tut man sich mit einer solchen Begrifflichkeit vielleicht ein wenig schwer.

Jedoch gibt es Hunde, die sich nicht riechen können – stellt man so eine Antipathie fest, kann man es sich mit der Aufnahme des Zweithundes unnötig schwer machen, auch kann es Entwicklungen unter den Hunden geben, die einen dazu zwingen, einen der Hunde zu dessen eigenen Sicherheit wieder abzugeben. Nicht alle Hunde sind zur Haltung in einer Gruppe geeignet, manche fühlen sich als Einzelhund oder in einer Zweiergruppe wohler. Dem muss der Mensch, der hierfür die Verantwortung übernommen hat, Rechnung tragen.

Von Anfang an sollte es für alle vorhandenen Hunde feste Regeln geben, da Regeln der Gruppe Sicherheit geben und der Mensch so leichter über Ressourcen bestimmen kann. Beispiele für typische wichtige Ressourcen sind zum Beispiel Spielzeugbesitz, Zugang zum Futter, Zuwendung des Menschen, Begrüßen von Besuch, Aufbruch zum Spaziergang, etc. Zu festen Regeln gehört für mich, gerade bei unserem Rudel bestehend aus aktiven Russells, sowie aus Tierschutzhunden verschiedener Mischungen, zunächst einmal Ruhe. Herrscht keine Ruhe, sondern alle hopsen durcheinander, gehen wir nicht hinaus. Wir verlassen das Gelände, wenn sich alle ruhig verhalten. Gefüttert wird nur, wenn sich alle ruhig verhalten – ein Spiel wird abgebrochen, bevor die Hunde zu stark aufdrehen. Regeln einhalten zu können, hängt hier sehr stark davon ab, wie erfahren der Mensch in der Einschätzung von Situationen ist, die unter den Hunden entstehen können. Verteidigt ein Hund die Nähe oder die Zuwendung seines Menschen gegen einen anderen Hund, wird diese Zuwendung von uns sofort entzogen, d. h. wir gehen weg.

Gerade in der Mehrhundehaltung ist der Mensch in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass alle Hunde im Rudel sicher sind und sich in ihrer Rolle wohl fühlen. Die hündischen Jobs wie zu Hause aufpassen, Gelände beim Spaziergang sichern, Mäuse ausfindig machen usw. können je nach Auslaufgebiet und Tagesform unterschiedlich verteilt sein, hier finden Wechsel statt, die zeigen, dass Rollen nicht statisch sind und sich ändern können. Auch dem muss der Mensch Rechnung tragen, will er seiner Rolle in der Gruppe oder im Rudel wirklich gerecht werden. Dies ist in der Mehrhundehaltung der schwierigste Punkt, wenn er gut gelingt, wird man eine Gruppe haben, die sehr viel Spass macht und einem eine wesentlich breitere Palette von Verhalten zeigen wird, als dies in der Einzelhaltung der Fall ist.

Wir selbst haben in den letzten zehn Jahren bis zu fünfzehn Hunde in der Gruppe gehalten, wobei hier auch Pflegehunde aus dem Tierschutz dabei waren und sind. Täglich lernen und beobachten wir Neues über Dynamik und Verhalten – und das ist schöner als jedes Fernsehprogramm, auch wenn wir dafür auf vieles verzichten, z.B. aufwändige Reisen. Jeder Hund ist anders, hat seine charakterlichen Wesenszüge und Eigenarten, die ihn liebenswert und besonders machen!

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