Hunde

Hundephysiotherapie - die Hundekrankengymnastik für ein lebenswertes Hundeleben

Physiotherapie für Hunde, wo ist sie hilfreich und was können Hundephysiotherapeuten tun
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1. Sinn und Zweck der Physiotherapie

Zuallererst sollte betont werden, dass heute Dank des Einsatzes hochmoderner Apparaturen und kompetenter Chirurgie viele Tiere zu retten sind, die noch vor Jahren aufgegeben wurden. Bedauerlich wäre es deshalb, wenn eine nachweislich erfolgreiche Behandlungsmethode wie die Physiotherapie für Hunde, die dort ansetzt, wo der Einsatz moderner Gerätemedizin nicht in Frage kommt, von Tierärzten und Tierhaltern unbeachtet bliebe.

Die Schwerpunkte der Hundekrankengymnastik bilden Schmerzlinderung, Erhalt und Wiedererlangen der Gelenkbeweglichkeit und Bewusstmachung gesunder Bewegungsabläufe. Das Ziel der Karankengymnastik für Hunde ist es, erkrankte Tiere schnell und sanft an normale physiologische Bewegungsabläufe heranzuführen und dadurch gefährliche Folgeschäden zu vermeiden. Generell ermöglicht der Einsatz der Hunde-Physiotherapie, dass eine Erkrankung am Bewegungsapparat schneller überwunden wird und das Tier früher schmerzfrei und schneller gesund wird.

Hundephysiotherapie soll nicht als Ersatz für eine tierärztliche Behandlung angesehen werden. Man kann aber durch Hundekrankengymnastik diese Behandlung unterstützen und den Heilungsprozess fördern und beschleunigen.

Wo kann der Hundephysiotherapeut helfen:

  • Erkrankungen des Bewegungsapparates
    • Arthrose
    • Dysplasien (Ellenbogendysplasie, Hüftgelenksdysplasie)
    • Wirbelsäulenerkrankungen (Spondylose etc.)
    • Allgemeine Störungen der Beweglichkeit
    • Muskelerkrankungen
  • Neurologische Erkrankungen
    • Bandscheibenvorfall/Bandscheibenvorwölbung
    • Nervenerkrankungen
    • Lähmungen
  • Behandlung vor und nach Operationen z. B. aufgrund von
    • Frakturen (Knochenbrüche)
    • Bänderschäden (Kreuzbandriss, TPLO)
    • Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes
    • Lymphsystemerkrankungen
  • Narbenbehandlung
  • Geriatrische Behandlung

Grundsätzlich gilt: Alle Erkrankungen der Knochen, Nerven und Muskulatur sind durch Physiotherapie behandelbar! Den Haupteinsatzbereich am Hundbilden sind somit chirurgische, orthopädische und neurologische Erkrankungen.

2. Der Einsatz vor und nach Operationen

Generell steht die Schmerzlinderung bei der Hunde-Physiotherapie an erster Stelle. So hat ein am Bewegungsapparat erkranktes Tier in den meisten Fällen nicht nur im erkrankten Bereich Schmerzen, sondern es entstehen zusätzliche Schmerzzonen durch Überlastung an nicht direkt erkrankten Körperregionen. Hier setzt derHundephysiotherapeut bereits schon vor der Operation an: Der ungesunde Schmerz-Fehlhaltung-Schmerz Kreislauf wird durchbrochen, um eine möglichst erfolgreiche Behandlung herbeizuführen und eine Genesung ohne Fehlhaltung zu fördern.

Da ein durch Operation geschwächter Hund schlechter als gewöhnlich zur Zusammenarbeit bewegt werden kann (er ist körperlich schwächer und fühlt sich schneller bedroht), hat es sich als besonders effizient erwiesen, ihn bereits vor der Operation an die für seine spätere Rehabilitation notwendigen Apparaturen, wie z.B. das Unterwasserlaufband, zu gewöhnen.

Das Einsatzgebiet nach Operationen unterscheidet sich nicht von dem der Humanmedizin. Es gilt Schmerzen zu lindern, Gelenke beweglich und Knochen belastbar zu machen und die Muskulatur in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Nur so gewährleisten wir, dass ein Tier wieder unbeschwert sein Leben geniessen kann. Ein Leben ohne Schmerz bestimmt das Maß der Lebensqualität, dies gilt für unseren Hund in gleichem Maße, wie für uns Menschen.

3. Einsatz und Einsatzmöglichkeiten bei chronischen, degenerativen und genetisch bedingten Erkrankungen

Unabhängig von der Ursache der Erkrankung, ob es sich nun um einen genetischen Defekt wie die zahlreichen Formen der Dysplasie (OCD, FPC, IPA oder HD) oder eine degenerativ-chronische Erkrankung wie die Osteoarthrose oder Spondylarthrose handelt, hat die Hundephysiotherapie mit ihren umfangreichen Behandlungsmöglichkeiten ein gemeinsames Ziel: Die Wiederherstellung der neuromuskulären Funktionen, Gelenkmobilisation, Training der Koordination, beschleunigter Muskelaufbau. Verletztes Binde-, Knochen- und Knorpelgewebe wird durch die gesteuerten Belastungsintervalle in seiner Heilung unterstützt; Folgeschäden, wie Gelenksteife oder eine schnell fortschreitende Arthrose, nach Möglichkeit vermieden.

Im Folgenden erhalten Sie einen kleinen Überblick über die wichtigsten Behandlungsmethoden in der Physiotherapie für Hunde::

Passive Therapieformen

Zu den passiven Behandlungsformen (ohne aktive Beteiligung des Hundes) zählen:

  • Klassische Massage zur Schmerzlinderung und besseren Muskeldurchblutung. Unterstützt wird diese Therapie durch den Einsatz von Wärmetherapien, wie z.B. der heißen Rolle (siehe Bilder 1 und 2).
  • Manuelle Therapie zur Behandlung von Funktionsstörungen der Gelenke (siehe Bild 3).
  • Manuelle Lymphdrainage zur Reduzierung von krankheitsbedingten Ödemen (siehe Bild 4).
  • Passive Bewegungstherapie zur Verbesserung und zum Erhalt der Gelenkbeweglichkeit. Diese Form der Hundephysiotherapie findet ihren Einsatz zu Beginn einer physiotherapeutischen Behandlung oder auch bei bewegungsunfähigen Tieren. Im fortgeschrittenen Stadium kommt die aktive Bewegungstherapie zum Einsatz (siehe Bild 5).
  • Behandlung auf neurophysiologischer Grundlage dient der Körperwahrnehmung, dem Koordinationstraining sowie der Bewusstmachung von Bewegungsabläufen, z.B. bei Lähmungen. Hierzu gehören unterschiedliche manuelle Techniken ebenso wie der Einsatz der Elektrotherapie und die Behandlung im Schlingentischgehwagen (siehe Bilder 6 und 7).
  • Bei der Narbenbehandlung wird durch unterschiedliche manuelle Techniken vermieden, dass das betroffene Gewebe verklebt; die Beweglichkeit im operierten Gelenk wird erhalten oder wiederhergestellt (siehe Bild 8).
  • Die Dorntherapie ist eine sanfte manuelle Behandlungstechnik mit der sich Wirbel- und Gelenkblockaden schonend und schnell beseitigen lassen (siehe Bild 9). Alle passiven Behandlungsformen lassen sich durch Wärme- und/oder Kältetherapien unterstützen. Sinnvoll kann auch der Einsatz von Reizstrom zur Schmerzlinderung oder in der Lähmungsbehandlung sein. Der Einsatz der Magnetfeldtherapie unterstützt und fördert die Selbstheilungskräfte des Körpers durch Anregung des Stoffwechsels.

Aktive Krankengymnastik oder Hundephysiotherapie

Die aktiven Therapieformen zeichnen sich durch den aktiven Einsatz des Hundepatienten aus, nachdem zuvor, ggf. durch Einsatz der passiven Methoden, der erforderliche Grad an Mobilisation erreicht wurde. Hierzu zählen:

Aktive Bewegungstherapie besteht darin, den Hund an bestimmte Bewegungsmuster zu gewöhnen, die es ihm wieder ermöglichen, den gesamten Bewegungsapparat für die Fortbewegung einzusetzen. Eine weitere Schonung der betroffenen Gliedmasse soll in diesem Stadium der Therapie vermieden werden. Zur Verstärkung der Behandlung werden gern unterschiedliche Hilfsmittel wie Schaukelbrett, Trampolin, Stepper etc. eingesetzt.

Hydrotherapie dient in erster Linie dem gelenkschonenden Muskelaufbau. Dazu nutzt man die Auftriebskraft und den Widerstand des Wassers. Schwimmbecken in denen das Tier vom Therapeuten im Wasser begleitet wird, oder das Unterwasserlaufband, sind wichtige therapeutische Hilfsmittel. Das Unterwasserlaufband kann zusätzlich der Gangschulung dienen und bietet durch die steuerbare Wassertemperatur zusätzliche Reize, die therapieunterstützend wirken (siehe Bild 10).

4. Physiotherapie für den alternden Hund

Diese Thematik liegt uns durch zahlreiche persönliche Erfahrungen ganz besonders am Herzen. Durch die fortschreitende medizinische Entwicklung werden unsere Tiere immer älter. Die Hundephysiotherapie gibt uns die Möglichkeit, die damit einhergehenden schmerzhaften, degenerativen Erkrankungsformen wirksam zu behandeln. Hier sei an erster Stelle die Osteoarthrose zu nennen. Oft kann die Gabe von Schmerzmitteln mit ihren zahlreichen Nebenwirkungen verringert oder gar ganz darauf verzichtet werden. Chronische Schmerzen werden gelindert und die Beweglichkeit der älteren Tiere wird erhalten und verbessert. Dies gehört bei einem bewegungsfreudigen Lebewesen wie dem Hund zu den elementarsten Voraussetzungen, um sein Leben lebenswert zu machen. Die Physiotherapie kann Sie hier in Ihrer Verantwortung für Ihr Tier sinnvoll und erfolgreich unterstützen.

Fragestellungen, die Ihnen helfen sollen, eine Erkrankung Ihres Tieres zu erkennen:

  • Zeigt Ihr Tier Bewegungsunlust, z.B. verminderte Spielfreude?
  • Lahmt Ihr Hund oder hat "Anlaufschwierigkeiten"?
  • Fällt ihm das Aufstehen, Treppensteigen oder ins Auto springen schwer?
  • Meidet er Tätigkeiten, die früher kein Problem für ihn waren?
  • Sucht er öfter als früher die Ruhe?
  • Hat er Koordinationsprobleme oder knickt er öfters ein?
  • Macht Ihr Hund während des Spaziergangs öfter mal eine Pause, setzt sich hin?
  • Lässt er sich plötzlich nicht mehr so gerne wie früher bürsten?
  • Ist Ihr Tier irgendwie bedrückt?
  • Zeigen sich Verhaltensänderungen jeglicher Art bis hin zur Aggression

Dies alles können Anzeichen Ihres Tieres für Schmerzen sein. Bitte bedenken Sie, dass schwache Rudelmitglieder in der freien Wildbahn aus dem Rudel ausgeschlossen werden und Ihr Hund bis zuletzt versuchen wird, "Schwäche" (Schmerzen) nicht zu zeigen, da sein Instinkt ihm dies verbietet. Aus diesem Grunde, ist Ihre sensible Beobachtungsgabe gefragt! Klären Sie bei Verhaltensauffälligkeiten die Beschwerden mit Ihrem Tierarzt ab und vereinbaren Sie dann einen Termin zur Physiotherapie.

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