Hunde

Spitze: Süße Hunde mit Image-Problem

Wie der Deutsche Spitz zu seinem schlechten Ruf kam
von

Wenn ich mit meinen vier Hunden unterwegs bin und sich diese vielleicht noch artig aufgereiht an den Wegrand setzen, um Leute vorbei zu lassen, dann höre ich oft: "Oooch sind die süß. Was ist das denn für eine Rasse?" Denn die Hunde, die ich habe sind selten, so selten, dass zwei Varietäten davon seit Jahren in der höchsten Gefährdungskategorie der Liste der vom Aussterben bedrohten Haustierrassen stehen. Ältere Leute kennen die manchmal noch, jüngere haben oft noch nie etwas von dieser Rasse gehört. Nenne ich dann die Rasse, kommen oft Erinnerungen an den Hund der Oma/Tante bzw. der frühen Kindheit und ganz, ganz oft wird gesagt: "Die sind so treu. Aber man sieht sie heute gar nicht mehr."

Manchmal zucken die Menschen aber auch zusammen: "Die beißen doch immer?" "Ja, ja" antworte ich dann, "und sie kläffen auch andauernd." Das erkennt dann, in Anbetracht der in freundlicher Erwartung aufgereihten Hundegruppe, selbst der größte Skeptiker als Ironie.

Was dann folgt, sind häufig Geschichten über die Begegnungen in der Vergangenheit, wo erzählt wird, dass eben ein Hund dieser Rasse hinter dem Zaun oder alternativ an der Kette gehalten, dafür berühmt berüchtigt war zu kläffen und auch mal zu zuschnappen. Und da diese Rasse früher weit verbreitet war, kam es eben häufiger zu diesen Begegnungen. Oftmals wird nicht bedacht, dass es keine Hunderasse auf der ganzen Welt gibt, die man ausschließlich an der Kette oder hinter einem Zaun weggesperrt halten kann, ohne dass es zu Verhaltensauffälligkeiten kommt.

Dem gegenüber stehen dann die ganzen fröhlichen Geschichten über Hunde dieser Rasse, wenn diese als Familienmitglied gehalten wurden. Da zeigt sich die ganze Bandbreite, vom Familien- über den Begleithund bis hin zum Einsatz als Helfer beim Hüten von Vieh oder Geflügel. Oft wird von Begebenheiten berichtet, wo diese Hunde Hab und Gut ihrer Besitzer aufopferungsvoll bewachten und langmütige Gespiele der Kinder waren.

Haben wir es hier mit Jekyll und Hyde zu tun?

Nein, ganz einfach mit deutschen Spitzen. Bis 1959 hat man unterschieden in große und kleine Spitze, ab dann wurden sie in 5 Größenvarietäten eingeteilt:

  • winziger Zwergspitz
  • Kleinspitz
  • Mittelspitz
  • Großspitz
  • graugewolkter Wolfsspitz

Diese Hunde waren einmal Allerweltshunde. Überall bewachten sie die Fuhrwerke und Bauernhöfe. Vom Adel wurden sie geduldet, da sie sich nicht als Jagdhunde eignen und waren daher seit langer Zeit in Mitteleuropa weit verbreitet.

Der Grund, weshalb sie manchmal zum nervenden Dauerkläffer oder Wadenbeißer wurden, liegt an den Haltungsbedingungen. Mir selber konnten in dem Städtchen, in dem ich lebe, verschiedene Personen über Spitze berichten, die ihr komplettes Leben an der Kette verbrachten, dort sogar ihre Welpen bekamen.

Auch gab es einmal die Zucht von Spitzen unter der Regie von Forstämtern, die dann an außen liegende Gehöfte verschenkt wurden, weil die Spitze dafür bekannt sind, ortstreu und nicht wildernd zu sein. Man wollte damit der Problematik von wildernden Hofhunden entgegen treten. Dieses Verfahren wurde ausgewertet und es stellte sich heraus, dass all diejenigen Hunde, die einen Anschluss an die Familie und das Hofleben erhielten, ortstreu und nicht-wildernd waren, dass aber Hunde, die keine Ansprache und keinen Anschluss erhielten, weniger ortstreu waren. Darüber berichtete mir mündlich ein Forstbeamter, der mich auf einer Veranstaltung auf meine Hunde angesprochen hat und der sich wieder mehr Spitze als Familien- und Hobby-Hunde wünscht. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese verschenkten Hunde nicht an allen Orten willkommen waren und bei der daraus resultierenden Behandlung, eben zu den unangenehmen Verhaltensweisen übergingen, die dem Spitz noch bis heute wie Pech anhaften.

Auch Hundeprofis verbreiten den schlechten Ruf

Sogar namhafte Hundeprofis, die wir regelmäßig im Fernsehen erleben können, verbreiten diese Vorurteile, ohne jemals mit einem Spitz gearbeitet zu haben. So erging es auch Welpenkäufern von mir: Sie haben uns schon lange vor dem Wurf besucht, haben mit den Hunden gearbeitet und sich von den Aufzuchtbedingungen überzeugt. Als dann die Welpen auf der Welt waren, stellten sie sich schon einmal in der Hundeschule ihrer Wahl vor. Dort reagierte man entsetzt: Wieso denn einen Großspitz, die seien doch so schwerführig und beileibe keine Anfänger-Hunde, ob man sich nicht lieber für eine andere Rasse entscheiden möchte? Verständlicherweise verunsichert meldeten sich die Leute wieder bei mir und erhielten den Tipp, die Trainer mal zu fragen, mit wie vielen Spitzen sie denn schon gearbeitet hätten. Nun ja die Antwort erstaunt bei der absoluten Seltenheit von Großspitzen nicht: Mit noch nicht einem einzigen Spitz hat man eigene Erfahrungen sammeln können. Nur eines von vielen Beispielen, wie der schlechte Ruf, den die Spitze ohne eigenes Verschulden haben, einer Rasse nachhaltig schaden kann.

Ganz anders sieht es aus, wenn man zu Trainern kommt, die schon einmal mit Spitzen gearbeitet haben. Wir haben an einem Fahrkurs für Hunde teilgenommen, denn aus Spaß fahren wir unsere Hunde vor dem Wagen oder Schlitten. Davor war schon mal eine Spitzzüchterin mit ihren Hunden bei einem Kurs dabei, so waren die Hunde dort schon als sehr kooperative und leistungsbereite Hunde bekannt, die schnell und leicht lernen und einen großen Willen haben zu gefallen.

Soweit erst einmal zur Erklärung, woher der Spitz zu Unrecht seinen schlechten Ruf hat. Genaueres über das Wesen und die Eigenschaften des Spitzes, erfahren Sie in meinem nächsten Artikel.

Dieser Artikel gibt die Meinung des Verfassers wieder, nicht die Meinung von Snautz.de. Snautz.de ist nicht für die inhaltliche Richtigkeit verantwortlich.

Links: